Diese Liste enthält Strafprozesse in der DDR, die einen politischen Hintergrund hatten.
Übersicht
Begriff
Als „politische Strafverfahren“ werden Prozesse bezeichnet, deren Beschuldigte vor allem aus politischen Motiven handelten. Dieses kann in einzelnen Fällen unklar sein. Die DDR-Justiz verwendete den Begriff nur selten, erstmals bei der Amnestie 1972.
Geschichte
Besonders in den ersten Jahren der DDR wurden zahlreiche politische Prozesse gegen Personen geführt, die tatsächlich oder angeblich versuchten, die Politik der SED zu behindern oder zu kritisieren. Allein 1950 gab es etwa 78.000 politische Strafprozesse.
Eine besondere Rolle spielten in den ersten Jahren Drehbuch-Prozesse (Schauprozesse), deren Ablauf und Urteil bereits vor Beginn festgelegt waren und die einen abschreckenden oder erzieherischen Wert auf die DDR-Bevölkerung haben sollten. Über diese wurde dann ausführlich in den Medien berichtet, auch mit Film- und Rundfunkaufnahmen von den Verhandlungen. Die wichtigsten Anklagepunkte waren dabei immer übertrieben oder sogar erfunden.
Zu den wichtigsten Schauprozesse in dieser Zeit gehörten die Waldheimer Prozesse gegen tatsächliche und vermeintliche NS-Täter mit über 3000 Verurteilungen, die Prozesse gegen die Unternehmen Contigas und Solvay, sowie gegen führende Vertreter der Zeugen Jehovas (alle 1950), Prozesse gegen Sympathisanten der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (1952 und 1955), ein Prozess gegen Ostdeutsche, die dem Rundfunksender RIAS brisante Informationen übermittelten (1955), sowie gegen junge Christen, die angeblich versuchten, ein Schiff nach Dänemark zu entführen (1961). Einige der Beschuldigten wurden zum Tode verurteilt, was von den politischen Entscheidungsträgern Walter Ulbricht, Erich Mielke und anderen befürwortet oder sogar angeordnet wurde.
Die bekanntesten politischen Verurteilten in der DDR mit langjährigen Haftstrafen waren die Minister Karl Hamann (LDP, 1954), Georg Dertinger (CDU, 1955) und Max Fechner (SED, 1955), das Politbüromitglied Paul Merker (1955), der Verlagsleiter Walter Janka (1957), die Philosophen Wolfgang Harich (1957) und Rudolf Bahro (1978) und der Schriftsteller Erich Loest (1958). Die meisten Verurteilten waren aber unbekannte Bürger, die oft wegen geringer angeblicher Delikte wie das Anbringen von Parolen an öffentlichen Orten, Aufrufen oder einem politischen Witz zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Die meisten politischen Verurteilungen standen aber im Gegensatz zur Verfassung der DDR mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und wurden nach 1989 deshalb wieder aufgehoben.
Insgesamt gab es in der DDR etwa 200.000 politische Häftlinge zwischen 1949 und 1989. Dazu wurden auch Wehrdienstverweigerer, gescheiterte Fluchtversuche und weitere gezählt.
Strafprozesse (Auswahl)
Mehrjährige Haftstrafen und Todesurteile
Urteile mit Haftstrafen von mindestens zwei Jahren für die Hauptangeklagten. Fast alle wurden vorzeitig entlassen, einige bereits 1956 in der Tauwetter-Periode oder durch Häftlingsfreikäufe in die Bundesrepublik. Abkürzungen: OG = Oberstes Gericht, OLG = Oberlandesgericht, LG = Landgericht, BG = Bezirksgericht.
= 1949–1954
1955
1956–1990
Weitere politische Strafprozesse
Verurteilungen zu weniger als zwei Jahren Haft
- Frühjahr 1979, Stefan Heym, Anklage wegen „Devisenvergehen“ (nach seinem kritischen Roman Collin), verurteilt zu 9.000 Mark Geldstrafe; dies löste zahlreiche Proteste aus
- 1988, mehrere hundert Verurteilungen in der DDR, nach Protesten gegen die Inhaftierungen von Bürgerrechtlern nach der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration
Literatur
- Roger Engelmann, Karl Wilhelm Fricke: „Gezielte Schläge“ 1953–1956. Ch. Links, Berlin 1998 Auszüge
Weblinks
- Dokumente zu Schauprozessen Stasi-Mediathek
Einzelnachweise




